Pandemie: ist es noch weit?

Sonntags:Familien:Spazier:Gänge meiner Kindheit und frühen Jugendzeit beinhalteten eine gnadenlose Lange:Weile.

Die gebetsmühlenhaft wiederholte Frage „Ist es noch weit?“ wurde mit vermeintlichen Informationen gestopft.

„Etwa ein Viertel:Stündchen noch.“

„Es liegen nur noch sieben Kurven vor uns.“

„Je mehr Du fragst, desto länger dauert es.“

„Hier gibt es soviel zu sehen, Gras und Wolken z.B., das ist doch auch interessant.“

„Da will man Dir etwas bieten und Du hast die Chance etwas zu lernen. Das ist also der Dank.Nur wegen Dir machen wir uns diese Mühe.“

„Wenn Du aufhörst zu fragen, gibt es später eine Limo.“

Ich habe seit Wochen das Gefühl von „täglich grüßt das Murmeltier“. In einer Endlos:Schleife eines kindlichen Ausflugs zu sein. Ausgeliefert. Machtlos. Gleichzeitig voller Vertrauen und Hoffnung auf ein gutes Ende.

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Pandemie: Ausflug ohne Einkehr

Bin in einem zeitlichen Rück:Wärts:Sprung. In meiner Kindheit gingen wir als Familie an den Sonntagen spazieren. Im wohlgefüllten Rücksack auf den väterlichen Schultern warteten Schinkenbrote und Limonade (Tritropp im familiären Sprachgebrauch) auf eine gemütliche Vesper.

Eine Einkehr war selten. Ausnahmsweise ein Eis oder eine Limo an einem Büdchen am Fluss.

Die Pandemie:Bedingungen erinnern mich an diese Kindheits:Sonntage. Ist für eine gewisse Zeit nicht das Schlechteste. Wäre jedoch auch sehr bereit zur Einkehr!!!

Pandemie: gute Erinnerung möglich

In all‘ den Sorgen und Beschränkungen erinnere ich mich an das kindliche Glück, als zu Beginn der 1970iger Jahre es „autofreie Sonntage“ gab. Hand in Hand mit den Eltern sind wir über die Bundesstraße spaziert.

In meiner kindlichen Erinnerung waren das goldene Familienstunden. Alle hatten Zeit und blieben an einem Ort. Das ganze Dorf war auf den Beinen, um zu diskutieren, sich über die Massnahme zu ärgern oder das gesellige Ereignis zu genießen.

Ich wünsche mir, dass wir in einer Zukunft auch in der Lage sind, auf diese Tage zurückzublicken und uns daran zu erinnern, dass wir richtig viel Zeit hatten, dass wir wunderbare Momente von gegebener und empfangener Hilfe erleben konnten. Es wäre wunderbar, wenn auch das positiv Aussergewöhnliche in der Erinnerung bliebe.

Pandemie: Bevorratung

Wieviel Vor:Rat benötige ich, um mich in Sicherheit zu wiegen?

Eine Dose pürierte Tomaten oder 10 Dosen? Was könnte lebensnotwendig werden und was sind persönliche Vor:Lieben? Mich haben die kurzzeitig leeren Regale bei den Haferflocken kalt erwischt. Sehe mein geliebtes Müsli in Gefahr. Nicht mich, nur das Ritual.

Zwischen Vernunft, Verunsicherung und Übertreibung schwanke ich durch die Corona:Tage. Unseren sogenannten Vor:Rat habe ich im Keller in einem Regal „ausgestellt“. Gehe ich am Museum der Dosen und Flocken vorbei, erfüllt mich das mit einem optisch ausgelösten Sicherheitsgefühl. Zwei bis drei Wochen können wir gut leben.

Gehöre zu der Generation der Kriegs:Enkelinnen. Großgezogen von einer Mutter, die während und nach des 2. Welt:Krieges hungerte. Bis zu ihrem Tod „bunkerte“ sie in ihren Taschen Lebensmittel, Schokoriegel, Bonbons und Beruhigungs:Tabletten. Das kann ich mir irgendwann abgewöhnen und mit meinem Haushalts:ZEN lerne ich frei und ohne Vorrat zu hauswirtschaften. Nun ist da eine Pandemie. Und die Vor:Rats:Karten sind neu gemischt.

Mir ist wichtig, Müsli, Milchcafe und Salat zur Verfügung zu haben. Der Rest wird aus Vertrauen und Gemeinschaft zusammengekocht. Möge niemand aufgrund der Pandemie an Hunger leiden.

Pandemie: Marmorkuchen

Eine Begleit:Erscheinung der Pandemie ist bei mir der Rückgriff auf Alt-Vertrautes. Nach vielen Jahren habe ich erstmals wieder einen Marmorkuchen gebacken. An den Nachmittagen gibt es nun in der kleinen Hausgemeinschaft Kaffee&Kuchen.

In meiner Kinder- und Jugendzeit wurde jedes Wochenende gebacken, gerne in „Zusammenarbeit“ mit Dr. Oetker. Die Rezeptseiten von „Apfelkuchen, sehr fein“ und „Königskuchen“ fallen auch heute noch im Back:Buch automatisch auf, getränkt von Butter- und Milchflecken.

Es tut wohl, sich zurückzubinden in einer unsicheren Zeit.

vom telefonieren

vom telefonieren

Es scheint mir wie gestern, dass ich eine Lang:Telefoniererin gewesen bin. Mit Schulfreundinnen, mit dem Freund. Ohne Anlass, selten zum Abstimmen von irgendwas. In der Jugendzeit ist das Telefon ein heißbegehrter Zugang zur Welt. Während des Studiums ziehen sich 20 Meter verwickelte Telefonkabel durch die Wohnungen. Der Übergang zu ISDN entwickelt sich zur Geheimwissenschaft und die Telekom ist plötzlich ein Rad:Renn:Sponor. Heute klingelt das Telefon nur noch selten, es ist ein Alte:Leute:Apparat geworden. Dafür brummt und vibriert das Handy 24 Stunden lang. Telefonieren ist zu einer Art Dauer:Zustand geworden. Vom Zankapfel und Luxusobjekt hat es sich gewandelt zu einer Direktleitung mit sämlichen eingegebenen Kontakten. In jedem Augen:Blick können sämtliche mit mir verkontakteten Leben, gleichgültig welche Bedeutung sie haben, in mein Leben hineinklingeln. Sobald das Display sichtbar ist und die kleinen Zahlen an den Messanger:Diensten hängen, ist der Ein:Bruch in meine Sphäre bereits geschehen. Sie rufen mir zu: „Wichtig! Lesen! Ich warte!“ Als würde ich bei der Serie Star:Trek/Enterprise auf die technologische Spezies „die Borg“ treffen, die einen begrüßen mit: „Widerstand ist zwecklos! Sie werden assimiliert!“

trauer:gewöhnung

beim täglichen blick auf die weite des meeres fehlt mir mein hund. in jedem tier sehe ich sie. im entspannten retriever, der im weg liegt und döst. in der art, wie die see:hunde ins wasser springen. an der art, wie die schafe auf der deich:krone unermüdlich fressen. in der art, wie die kühe sich niederlegen. gestern habe ich das endlich verstanden. es ist keine übersteigerte verlust:reaktion. das, was ich in all diesen verschiedenen tieren „wieder“:erkenne, ist das universelle, das, was alle lebe:wesen verbindet und das, was ich in meiner liebe zu meinem hund (er-)lebte.

zum ersten mal, seit dem tod meines hundes im april, kann ich den verlust etwas besser ertragen.

Kupfer:Geld

Klein:Geld:Dose

Die Großmutter sammelte akribisch Kupfer:Geld. Vielleicht für meinen Braut:Schuh? Eher wohl, um in harten Zeiten etwas an Wert zu besitzen, dass sich eintauschen läßt.

Wir Kinder durften mit den Münzen spielen. Stapeln, sortieren und Muster legen. Es war, als besäße die Großmutter Aladdin´s Schatzkiste. Bis vor kurzem habe ich ebenfalls Kleingeld gesammelt, bis meine Bank mir mitteilte, dass sie keine Bar:Einreichungen mehr annähme. Das Klein:Geld selber zu rollen ist mir zuviel Aufwand. Somit wird eine generationenübergreifende, in Maßen sinnvolle Sammeltätigkeit, unterbrochen. Schade.

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/muenzgeld-deutschland-hortet-kupferschmarrn-1.3695743